1955
Der Neubau von 1955 wollte bewusst nüchtern, unpathetisch, schlicht und sachlich sein, entsprechend dem Lebensgefühl der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Vom Pomp hatte man genug, von den historischen Stilen wollte man sich bewusst absetzen. Auch der „Eindruck einer schwebenden Leichtigkeit“ war beabsichtigt. Sie sollte „durch den Kontrast der Materialien Ziegel und Beton noch zusätzlich unterstrichen“ werden (Nerdinger, Winfried, Hg., Thomas Wechs 1893-1970, Architekt der Moderne in Schwaben, Berlin 2005, Dietrich Reimer Verlag: Nr. 279).
Ein Zeitungsartikel zur Einweihung der Kirche äußert sich so: „Durch vierzig Antikglasfenster strömt das Licht in schmalen Strahlenbündeln in den weiten Raum. Die freitragende Orgelempore wirkt, weil in die Halle vorgreifend, als räumlicher Gegenpol zum Altarkegel. Ein besonderes Schmuckkästchen moderner Kirchenbaukunst ist die links vom Hauptaltar eingebaute Taufkapelle, in der mit dem Werkstoff Beton ungewöhnlich intime Wirkungen erreicht wurden.“
Sicher haben damals nicht alle Hochzoller die neue Kirche so positiv gesehen wie die „Studierten“. Bei einem „Erzählkaffee“ des Pfarrgemeinderats-Sachausschusses „50 Jahre Pfarrkirche Heilig Geist“ im Juli 2005 erinnerten sich Gemeindemitglieder, die damals Jugendliche waren: E.: Wir haben uns in der Notkirche sehr heimisch gefühlt. Die neue Kirche war ja zuerst sehr kahl. Das war schon eine Umstellung.S.: „Hopfenhalle“ haben wir gesagt. Sch.: Am Anfang haben die Leute sich nicht sehr heimisch gefühlt. Die alte Kirche war klein, niedrig und heimelig. E.: Unter der Empore konnten unsere jungen Männer reinstehen und sich einspreizen. H.: Und zu dieser heimeligen Kirche dann dieser Klotz von einem Bau. Der hat ganz Hochzoll nicht gefallen. Sch.: Es gab Leute, die gesagt haben: „Jetzt habt ihr eine schöne große Kirche“, aber das Wort „schön“ war nicht wegen der Schönheit, sondern weil sie schön groß war. Ich erinnere mich schon noch, dass es Leute gegeben hat, die gesagt haben: „Wenn du da in d‘ Kirch‘ gehst, dann wartest du immer auf die Durchsage, dass der Schnellzug nach München jetzt auf Gleis drei einfährt, weil das eine reine Bahnhofshalle ist. S.: „Komischer Wechs-Bau“ hat man immer gesagt.“
Allerdings war das damals dominierende Weiß nicht als Endzustand gedacht. Aus den Eingabeplänen geht hervor, dass Wechs sich eine ausgemalte Kirche vorstellte. Eine Ausmalung ist in den Plänen auf der Orgelbrüstung und an den Seitenwänden skizziert, ebenso über den Seitenaltären. Für die Chorwand sind zwei Varianten skizziert: eine mit einem zentralen Kreuz (kleiner und höher angebracht als in der gegenwärtigen Lösung) und eine andere mit einem großen Gemälde. Diese Gestaltung kam jedoch, wohl aus Kostengründen, nicht zustande.
1965
In den ersten zehn Jahren änderte sich am Erscheinungsbild des Innenraums wenig, außer dass über dem ursprünglichen „schlichten Quader der Kanzel“ ein Schalldeckel eingebaut wurde, der zwar akustisch eine Verbesserung bedeutete, aber nicht optisch.
Eine entscheidende Änderung brachte die Liturgiereform im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Die Eucharistie sollte nicht mehr in Richtung auf den Altar gefeiert werden. Dies bedeutete einen „Altar ohne Schmuck und Kerzen, auf dem die Messe zum Volk hin gefeiert wird.“ So heißt es im März 1965 im Pfarrbrief „Hochzoller Brücke“.
Hinter dem neuen ganz schlichten Altartisch blieb der ursprüngliche Altar noch einstweilen stehen. Er war ja auch außerordentlich gepriesen worden: „Diese elegante Schwingung (der Spannbeton-Decke des Kirchenraums) findet in verkleinerten Maßen ihre Entsprechung in der gewölbten unteren Fläche des in Kegelform aus einem einzigen Marmorblock gehauenen Hochaltars“. Und in der entsprechenden Passage des anderen Zeitungsartikels hatte es geheißen: „Kein Pfeiler, keine Mauernische lenkt in der imponierend weiten Halle den Blick vom Altare ab, der allein schon auf Grund seiner einmalig schönen Form als ein besonderes Schmuckstück des Gotteshauses bezeichnet werden darf. In konischer Form aus einem einzigen Marmorblock geschlagen, bildet seine gewölbte untere Fläche praktisch ein Gegenstück zu der Wölbung der Decke.“
Klar war, dass die Zwei-Altäre-Lösung nicht die endgültige sein sollte, aber für eine solche fehlte schlicht das Geld.
1976
Das Provisorium mit dem schlichten Tisch als Altar und einem bald hinzugefügten ebenso provisorischen Lesepult blieb mehr als zehn Jahre erhalten; das Kommuniongitter, später auch die Kanzel wurden entfernt. Die Gemeinde hatte wegen anderer wichtiger Projekte, z.B. dem Neubau eines Kindergartens, wenig finanziellen Spielraum. Eine größere Spende ermöglichte dann im Jahr 1976 doch das „Ende des Altar-Provisoriums“ , entsprechend einem Entwurf von Bildhauer Michael Veit aus München, der im Laufe der nächsten Jahrzehnte zu dem für die Kirche von Heilig Geist neben Thomas Wechs am meisten prägenden Künstler wurde.
Die Neuordnung sah vor, dass der alte Hochaltar entfernt und aus ihm ein neuer, kleinerer Altar herausgeschnitten wurde. Auch der Ambo mit Priestersitz entstand aus dem vorhandenen Steinmaterial. Die durch die Treppenarchitektur des Chorraums voneinander abgegrenzten Bereiche sollten nach den Worten von Pfarrer Egger („Hochzoller Brücke“ 1976/1) nunmehr folgende Funktion haben:
„– die Zone des gegenwärtigen Sakramentes, das ist der Platz, auf dem der Hochaltar bisher stand mit dem Tabernakel in der Mitte,
– dann die Zone des aktuellen Vollzugs der Eucharistie, das ist der neue, feste Altar
– und als dritte die Zone der Wortverkündigung mit Ambo und Priestersitz.“ – Schwierigkeiten bereitete offenbar die Stirnwand, die durch das Fehlen des massigen alten Hochaltars noch kahler wirken musste: „Zentraler Blickpunkt … kann in einer katholischen Kirche nur der Tabernakel sein. Die leere Wand über dem jetzigen Hochaltar bietet sich als Platz für den Tabernakel an. Die Wand ist allerdings ganz kahl. Ein Bild, Mosaik oder Teppich ist zu teuer. Ein Hintergrund muss aber vorhanden sein. Deswegen wird ein Teil der Wand mit einer passenden Farbe herausgehoben und der Tabernakel in die Mitte dieser Farbwand gesetzt. Der Tabernakel ist der alte vom jetzigen Altar, nur mit dem unmittelbaren Hintergrund einer großen Scheibe, die eine Hostie bedeutet.“ Als Wandfarbe wurde ein leuchtendes Blau gewählt.
1981
Im Zuge der Kirchenrenovierung 1979 bis 1981 wurde schließlich im Wesentlichen das jetzige Bild erreicht: Die Chorwand erhielt als zentrale Darstellung das große, von Michael Veit geschaffene Kreuz, zugleich wurde der Chorraum durch den Architekten Fritz Wegmann farblich neu gestaltet; das blaue Rechteck wurde aufgegeben, die Wandflächen wurden durch horizontale und in verschiedenen Beigetönen voneinander abgesetzte Streifen untergliedert. Neu war auch der Taufstein auf der rechten Seite des Chorraumes. Mit den Kreuzweg-Reliefs (1984), den Leben-Jesu-Tafeln (2010) sowie den Heiligenstatuen von Josef, Elisabeth und Antonius, die alle Michael Veit zu verdanken sind, erhielt die Kirche eine einheitliche bildliche Ausstattung. Das nunmehr erreichte Erscheinungsbild wurde auch in der großen Innenrenovierung von 2014 beibehalten. Durch die neue LED- Lichttechnik erscheint die Kirche heller und höher; insbesondere kann die Aussage der Bildwerke jetzt deutlicher erkannt werden. – Im Jahr 2017 folgte die Renovierung der Fassade und des Kirchendaches.